Mit dem Tier "Ratte" werden sofort negative Begriffe wie z.B. Abwasserkanalisation, Kloake, schmuddeliger Hinterhof, Krankheitserreger, Abfallhaufen, Unrat etc. assoziiert. Dies kommt nicht von ungefähr. Als "Kulturfolger" sind die Ratten eng mit dem menschlichen Lebensraum verbunden. Die Ratten suchen neben unseren Lebensmitteln auch unsere Abfälle als Nahrungsmittel. Überall dort, wo wir unsere Lebensmittel nicht richtig lagern bzw. unsere Abfälle nicht richtig entsorgen, finden diese Schadnager einen reich gedeckten und abwechslungsreichen Tisch vor.
Von weltweit 56 Arten der Gattung Rattus leben in Deutschland nur zwei Arten. Dafür aber in unmittelbarer Nähe zum Menschen. Diese werden daher auch als Kommensale ("Mitesser") bezeichnet. Es sind die Wanderratte (Rattus norvegicus) und die Hausratte (Rattus rattus).
Wanderratte (Rattusnorvegicus)
Kopf-Rumpflänge: 21 – 28 cm
Schwanzlänge: 17 – 25 cm (160 – 190 Ringe)
Gewicht: 250 – 550 g
Hausratte (Rattus rattus)
Kopf-Rumpflänge: 16 - 24 cm
Schwanzlänge: 18 - 25 cm (200 - 260 Ringe)
Gewicht: 200 - 400 g
Weitere Erkennungsmerkmale:
Die Hausratte hebt den Schwanz beim Laufen über den Boden und hinterlässt somit keine Schleifspuren.
Die Hausratte hat im Vergleich zu ihrem Körper einen deutlich längeren Schwanz als die Wanderratte.
Durch die dunkle Färbung und ihrem Vorkommen auf Schiffen wird die Hausratte auch als Schwarze Ratte bzw. Schiffsratte bezeichnet. Der Begriff Schiffsratte verweist auch auf den Hauptverbreitungsweg dieses Schadnagers. Mit Schiffen (als dem Transportmittel in der Antike) breiteten sich die Ratten von Indien / Ostasien, über Persien bis nach Ägypten und in das östliche Mittelmeer aus. Durch die erfolgreichen Handelsbeziehungen der Römer konnten die Ratten schließlich auch in Afrika und Europa heimisch werden.
Lebensweise
Ratten verfügen über eine hohe Intelligenz und eine soziale Lebensgemeinschaft. Bis zu 60 Individuen bilden ein Rudel bzw. eine Familie. Fällt ein Tier aus dieser Gemeinschaft aus, so übernehmen andere Tiere dessen Aufgaben. So werden Nachkommen auch durch Verwandte mitversorgt. Ratten können kausale Zusammenhänge herstellen. Stirbt eine Ratte z.B. durch vergiftetes Futter, so können Ratten die Beziehung Futter = Gefahr / Tod herstellen und meiden zukünftig diese Nährstoffquelle (z.B. Ködergifte).
Ratten sind auch in der Lage sich den unterschiedlichsten Lebensräumen anpassen. Dabei bevorzugen Hausratten als ursprüngliche Baumbewohner mit sehr guten Kletterfähigkeiten trockene und hochgelegene Räume. Sie leben in Europa daher meist in den oberen Stockwerken von Gebäuden und auf Dachböden. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und flüchten bei Gefahr instinktiv nach oben.
Bei idealen Bedingungen können aus einem Rattenpaar pro Jahr ca. 1000 Individuen entstehen (Mehrere Würfe pro Jahr, wobei schon die Nachkommen selbst nach kurzer Zeit geschlechtsreif werden!). In bebauten Gebieten, besonders in Großstädten und Ballungsräumen, muss man von einem Zahlenverhältnis Mensch zu Ratte von mindestens 1:1 ausgehen. Eine Quelle nennt für Berlin, das auf jeden Einwohner bis zu 4 Ratten kommen. Aufgrund des warmen Winters 2006/2007 und den guten Nahrungsverhältnissen kann dieses Verhältnis auf 1:16 ansteigen.
Im Gegensatz zur Hausratte benötigt die Wanderratte feuchte Räumlichkeiten und ist daher auch eher in der Kanalisation anzutreffen. Durch diese Anpassung stehen der Wanderratte mehr Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung. Dies hatte zur Folge, dass die Wanderratte die Hausratte nahezu vollkommen verdrängt hat.
In der Regel werden Ratten nicht bemerkt, erst bei stark erhöhten Vorkommen (Hohe Individuenzahl = Futtermangel und Platzmangel = Stress) werden sie auffällig.
Schadwirkung
Ratten sind Vorrats- und Materialschädlinge sowie Überträger von Krankheiten, die Mensch und Tier gefährlich werden können.
Fraßschäden:
Ratten ernähren sich überwiegend (ca. 90 %) von vegetarischen Nahrungsmitteln (Körner, Getreide, Nüsse aber auch Wurzeln und Knollen). Die restlichen 10% werden durch tierische Nahrungsmittel (Würmer, Insekten aber auch Klein-Vögel) gedeckt. Große Populationen an Ratten haben auch einen erheblichen Nahrungsbedarf. Der in der Landwirtschaft durch sie verursachte Schaden ist enorm. Zusätzlich entstehen durch die Ratten auch Schäden an Gebäuden (Scheunen, Ställe, Gebälk, etc.) sowie Ver- und Entsorgungsleitungen.
Der zweite Bereich betrachtet die Schadwirkung der Ratten als Krankheitsüberträger. An der Schnittstelle zu diesem Bereich liegt die Schadwirkung durch Verkotung und Urin bei gelagerten Gütern.
Krankheitsüberträger:
Mit den Ratten vergesellschaftet ist der Rattenfloh (Xenopsylla cheopis). Dieser kann das Bakterium Yersinia pestis in sich tragen, das durch den Flohbiss auch auf den Menschen übertragen werden kann (Pest).
Ratten können aber auch selbst Träger von Krankheitserregern sein (Erregerwirt). So können Ratten verschiedene Borelien-Bakterien in sich tragen, die wiederum durch Zeckenbisse auf den Menschen übertragen werden können (Boriolose). Sie sind ebenfalls eindeutig als Überträger von Typhus, Cholera, Ruhr, Tuberkulose, Trichinose, Leptospirose (Weil-Krankheit), Maul- und Klauenseuche und von Fadenwürmern festgestellt.
Bei der Weil-Krankheit ist noch nicht einmal der Biss von Floh oder Zecke notwendig, um die Krankheit zu übertragen. Der Infektionsweg erfolgt über Aufnahme von kontaminierten Medien, wie verunreinigtes Abwasser oder Erdreich, über die aufgeweichte oder nicht intakte Haut oder über die Schleimhaut. Möglich ist auch eine aerogene Aufnahme, d.h., eine Aufnahme über die Atemwege. Die Leptospirose tritt in Europa vor allem bei Personen auf, die mit Medien in Kontakt kommen, welche durch den Urin von Ratten kontaminiert sind Gefährdete Berufsgruppen sind u. a. Beschäftigte im Bereich der Abwassertechnik, Bodensanierung und im Forst sowie Personen, die mit der Bekämpfung von Nagetieren beschäftigt sind.
Durch die Summe der Schadwirkungen und Gefahrenpotentialen ergibt sich für den Gesetzgeber unweigerlich der Auftrag, die Rattenpopulationen zu bekämpfen bzw. die Bekämpfung durch Privatpersonen (Grundstückseigentümer, etc.) zu veranlassen. Die Rattenbekämpfung hat das Ziel, das Vorkommen von frei lebenden Ratten im Umfeld menschlicher Siedlungen zu verhindern, oder zumindest klein zu halten, um Seuchengefahr, Vernichtung von Lebensmitteln, sowie Schäden und Verschmutzungen durch die Tiere gering zu halten.
Ebenso sind Betreiber von abwassertechnischen Anlagen nach den deutschen Unfallverhütungsvorschriften zur Rattenbekämpfung verpflichtet. Dies betrifft vor allem die Kommunen und Abwasserzweckverbände.
Rechtliche Lage
Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20.07.2000)
(Auszug)
§ 1 Zweck des Gesetzes
- (1) Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist
12. Gesundheitsschädling
ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können,
§ 18 Behördlich angeordnete Entseuchungen, Entwesungen, Bekämpfung von Krankheitserreger übertragenden Wirbeltieren, Kosten
- (1) Zum Schutz des Menschen vor übertragbaren Krankheiten dürfen bei behördlich angeordneten Entseuchungen (Desinfektion), Entwesungen (Bekämpfung von Nichtwirbeltieren) und Maßnahmen zur Bekämpfung von Wirbeltieren, durch die Krankheitserreger verbreitet werden können, nur Mittel und Verfahren verwendet werden, die von der zuständigen Bundesoberbehörde in einer Liste im Bundesgesundheitsblatt bekannt gemacht worden sind. Die Aufnahme in die Liste erfolgt nur, wenn die Mittel und Verfahren hinreichend wirksam sind und keine unvertretbaren Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben.
Ordnungsbehördliche Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet Menden (Sauerland) vom 25.03.2004
(Auszug)
§14 Schadnagerbekämpfung
- (1) Grundstücke sind von Schadnagern, insbesondere Ratten, freizuhalten. Sofern großflächige Bekämpfungen notwendig werden, kann durch die Ordnungsbehörde die Verpflichtung ausgesprochen werden, gleichzeitig auf mehreren Grundstücken Bekämpfungsmaßnahmen auf Kosten des Grundstückseigentümers durchzuführen oder diese zu dulden.
- (2) Zur Bekämpfung verwendete Mittel müssen staatlich zugelassen sein. Orte, an denen Bekämpfungsmittel ausgelegt, ausgestreut und aufgestellt werden, sind während der gesamten Bekämpfungsdauer durch deutlich sichtbare Hinweisschilder kenntlich zu machen.
- (3) Wer eine Bekämpfung durchführt oder durchführen lässt, hat sicherzustellen, dass Menschen, insbesondere Kinder, aber auch andere als die zu bekämpfenden Tiere, durch die Bekämpfungsmaßnahmen nicht gefährdet werden.
- (4) Im Verlauf und nach einer Bekämpfungsaktion sind tote Tiere unter Beachtung der Vorschriften über die Tierkörperbeseitigung unverzüglich und schadlos zu beseitigen.
- (5) Nach der Bekämpfungsaktion sind die Bekämpfungsmittel unverzüglich zu entfernen.
- (6) Schadnagerbekämpfungsaktionen sind der örtlichen Ordnungsbehörde vor Beginn schriftlich anzuzeigen.
Daraus ergibt sich:
In Menden (Sauerland) ist das Ordnungsamt Ansprechpartner für eine Meldung von Rattenbefall und bei Fragen zur Bekämpfung.
Um einem Rattenbefall vorzubeugen gelten folgende Tipps:
- Lebensmittel nicht achtlos in die Umgebung werfen, sondern bereitgestellte Abfallbehälter benutzen.
- Abfallbehälter geschlossen halten.
- Standort der Abfallbehälter (z.B. Müllboxen) sauber halten.
- Geschlossene Kompostbehälter verwenden.
- Essenreste nicht über die Toilette entfernen.
- Wild-Vogelfütterung nur bei Extremwetterlage (geschlossene Schneedecke, Frost) durchführen. Heruntergefallenes Futter entfernen.
- Futterstellen für Haustiere und sonstige Kleintiere (Kaninchen, Kanarienvögel, etc.) sauber halten. Nur so viel Futter reichen, wie kurzfristig gefressen wird. Heruntergefallenes Futter entfernen.
- In Scheunen, Schuppen und Gartenhäusern Ordnung halten damit den Ratten kein weiterer Unterschlupf geboten wird.
Neben der zuvor Beschriebenen Vorbeugung gibt es zur Rattenbekämpfung noch Maßnahmen zur Vertreibung, zum Einfangen und zum Töten (Totfallen, Gift, Gas). Hierbei sei nochmals daraufhin gewiesen, dass die Ratten sehr intelligent sind und vom Schicksal ihrer Artgenossen (ihrer Familienmitglieder) lernen. Lebend- aber auch Totfallen werden daher nach kurzer Zeit gemieden. Im ungünstigsten Fall nutzen die Ratten die ausgelegten Köder von diesen Fallen als regelmäßige Nahrungsquelle. Die Begasung von Ratten eignet sich insbesondere bei großen, geschlossenen Räumlichkeiten z.B. Lagerhallen und Getreidesilos. Das optimale Bekämpfungsmittel stellen daher Ködergifte dar, bei denen zwischen Giftaufnahme und Tod eine genügend lange Zeitspanne liegt. Durch die Wirkweise dieser Gifte (innere Verblutung) zieht sich die Ratte zurück und verendet.