ALLGEMEINVERFÜGUNG

Kontaktreduzierende Maßnahmen auf dem Gebiet der Stadt Menden (Sauerland) zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

 

Gemäß §§ 3 Absatz 1, 7 Absatz 3, 9 Absatz 1 Ordnungsbehördengesetz (OBG NRW) in Verbindung mit §§ 16 Absatz 1 Satz 1, 28 Absatz 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) erlässt die Stadt Menden befristet bis zum 19.04.2020 folgende Allgemeinverfügung:

1. Der Betrieb folgender Einrichtungen und Begegnungsstätten und folgender Angebote wird untersagt:

  • Alle Kneipen, Cafés, Bars, Clubs, Diskotheken, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, Museen und ähnliche Einrichtungen, unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft oder von Eigentumsverhältnissen ab dem 16.03.2020.
  • Alle Messen, Ausstellungen, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen wie draußen), Spezialmärkte und ähnliche Einrichtungen ab dem 18.03.2020.
  • Alle Fitness-Studios, Schwimmbäder und „Spaßbäder“, Saunen und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.
  • Spiel- und Bolzplätze ab dem 18.03.2020.
  • Alle Angebote in Volkshochschulen, in Musikschulen, in sonstigen öffentlichen und privaten außerschulischen Bildungseinrichtungen ab dem 17.03.2020.
  • Reisebusreisen ab dem 18.03.2020.
  • Jeglicher Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen sowie alle Zusammenkünfte in Vereinen, Sportvereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen ab dem 16.03.2020.
  • Spielhallen, Spielbanken und Wettbüros und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.
  • Gleiches gilt für Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen ab dem 16.03.2020.

2. Der Zugang zu den Angeboten der nachstehenden Einrichtungen wird ab dem 16.03.2020 beschränkt und nur unter strengen Auflagen sowohl für den Innen- als auch dem Außenbereich (Besucherregistrierung mit Kontaktdaten, Reglementierung der Besucherzahl, Vorgabe des Mindestabstandes zwischen den Tischen von 2 Metern, Hygienemaßnahmen sowie Aushänge mit Hinweisen zu richtigen Hygienemaßnahmen) gestattet:

  • Bibliotheken
  • Mensen, Restaurants und Speisegaststätten sowie Hotels für die Bewirtung von Übernachtungsgästen

Für Restaurants und Speisegaststätten wird zudem die Auflage erlassen, dass diese frühestens ab 6 Uhr öffnen und spätestens ab 15 Uhr zu schließen sind. Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken werden untersagt.
 
3. Die Schließungsverfügung gilt NICHT für den Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, den Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte sowie den Großhandel.

Alle anderen Verkaufsstellen des Einzelhandels sind ab dem 18.03.2020 zu schließen. Dienstleister und Handwerker können ihrer Tätigkeit weiterhin nachgehen.

4. Der Zugang zu Einkaufszentren, „shopping-malls“ oder „factory outlets“ und vergleichbare Einrichtungen ist ab dem 18.03.2020 nur gestattet, wenn sich dort nicht zu schließende Einrichtungen nach Nummer 3 Satz 1 befinden, und nur zu dem Zweck, diese Einrichtungen aufzusuchen.

5. Geschäften des Einzelhandles für Lebensmittel, Wochenmärkten, Abhol- und Lieferdiensten, Apotheken sowie Geschäften des Großhandels wird bis auf weiteres auch die Öffnung an Sonn- und Feiertagen von 13 Uhr bis 18 Uhr gestattet; dies gilt nicht für Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag.

6. Sämtliche Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes haben die erforderlichen Maßnahmen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen zu treffen.

7. Für den Fall der Missachtung der Anordnung zu 1. und zu 3. Satz 2 wird das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwanges angedroht.

8. Für den Fall der Missachtung der Anordnung zu 2., zu 4. und zu 6. wird das Zwangsmittel des Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 EUR angedroht.

9. Die Anordnung ist sofort vollziehbar.

10. Die Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) öffentlich bekannt gegeben und gilt  mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.


Begründung zu 1. bis 6.:

Die Stadt Menden ist nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG i. V. m. § 3 ZVO-IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständige Behörde. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen treffen, insbesondere Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten.

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kürzester Zeit rasant verbreitet. Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2-Infektionen müssen weiterhin kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung, insbesondere Verzögerung der Ausbreitungsdynamik ergriffen und Infektionsketten unterbrochen werden. Durch die durch diese Maßnahmen verlangsamte Weiterverbreitung des Virus kann die dringend erforderliche Zeit gewonnen werden, um im Interesse des Gesundheitsschutzes vulnerabler Personengruppen das Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten. 

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARSCoV-2 (Tröpfchen) z. B. durch Husten, Niesen oder teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es leicht zu Übertragungen von Mensch zu Mensch kommen. Eine Vermeidung von nicht notwendigen Kontakten ist deshalb angezeigt, um dem Ziel, die Ausbreitung von SARS-CoV-2 durch konsequente soziale Distanzierung im täglichen Leben zu verlangsamen, näher zu kommen. 

Nach dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen „zu weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen ab dem 16.03.2020 und 17.03.2020“ vom 15.03.2020 und derer Fortschreibungen bis zum 17.03.2020 haben die zuständigen Behörden dafür Sorge zu tragen, dass die zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen zahlreiche Infektionen.
Vor dem Hintergrund drastisch steigender Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der weiterhin dynamischen Entwicklung der SARS-CoV-2 Infektionen ist es erforderlich, weitere - über die in den bislang ergangenen Erlassen enthaltenen hinausgehende - kontaktreduzierende Maßnahmen zur Beeinflussung der Ausbreitungsdynamik zu ergreifen und Infektionsketten zu unterbrechen. Die Maßnahmen sind geeignet, zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen und sind daher erforderlich.

Die Stadt Menden schließt sich dieser Einschätzung der Lage und der zu ergreifenden Maßnahmen an und trifft daher mit dieser Verfügung die zuvor genannten Maßnahmen.

Die benannten Beschränkungen ergeben sich aus dem Umstand, dass der Betrieb und die Durchführung zentraler Einrichtungen zwingend geboten sind, um ein geordnetes gesellschaftliches Zusammenleben weiterhin zu garantieren. Dies beinhaltet insbesondere die Notwendigkeit, die Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs zu versorgen.

Bei einer Coronavirus-Infektion handelt es sich um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Auf dem Gebiet der Stadt Menden sind bereits Kranke (§ 2 Nr. 4 IfSG), Krankheitsverdächtige (§ 2 Nr. 5 IfSG), Ansteckungsverdächtige (§ 2 Nr. 7 IfSG) und Ausscheider (§ 2 Nr. 6 IfSG) festgestellt worden. Nach der Einschätzung des Robert-Koch-Institutes (RKI) sind zur Bewältigung der aktuellen Weiterverbreitung des SARS-CoV-2 Virus „massive Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich“. Aktuell ist dabei eine steil ansteigende, exponentielle Zunahme der Fallzahlen zu beobachten. Es wird das Ziel verfolgt, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Damit sind gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine Reduzierung der Reisetätigkeit verbunden. Nur so kann erreicht werden, dass eine Weiterverbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus in der Bevölkerung verhindert oder zumindest verlangsamt wird. Es wird dabei auch auf die teilweise einschneidenden Maßnahmen hingewiesen, die die Nachbarländer Deutschlands sowie besonders betroffene Länder vor diesem Hintergrund bereits ergriffen haben.

Jegliche sozialen Kontakte tragen wesentlich zu einer schnelleren Verbreitung des Virus bei. Der sprunghafte Anstieg der Infektionen bei Ansammlungen von Menschen jeglicher Größenordnung sowie die bestmögliche Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten sind in die Abwägung einzubeziehen. Die Maßnahme ist geeignet, den Verbreitungsprozess zu verlangsamen, ein milderes Mittel aus den v. g. Gründen nicht ersichtlich. Insbesondere können die Risiken nicht durch begleitende Maßnahmen ausreichend beseitigt werden. Atemschutzmasken oder Handdesinfektionsmittel sind im Einzelhandel bisweilen ausverkauft. 

Mit diesen grundsätzlichen kontaktreduzierenden Maßnahmen kann auch die dringend erforderliche Verzögerung des Eintritts von weiteren Infektionen erreicht werden, zumal das Virus bei einer Vielzahl infizierter Personen nur geringe Erkrankungssymptome auslöst und damit häufig unerkannt bleibt. 

Mit den angeordneten Maßnahmen können Leben und Gesundheit der Bevölkerung unter Berücksichtigung notwendiger anderer Belange geschützt werden. Diese Maßnahmen sind somit insgesamt verhältnismäßig.


Begründung zu 7. und 8.:

Die Androhung von Zwangsmitteln erfolgt auf der Grundlage der §§ 55, 58, 62 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). 

Zu unmittelbarem Zwang:

Für die Missachtung der unter Nr. 1 und Nr. 3 Satz 2 getroffenen Maßnahme wird das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwanges angedroht.

Andere Zwangsmittel führen nicht zum Erfolg bzw. sind unzweckmäßig. Zur Erreichung des Zwecks dieser Verfügung ist das Zwangsmittel des Zwangsgeldes ungeeignet, weil das entsprechende Verfahren zu viel Zeit beansprucht, um noch rechtzeitig vor Beginn der Einstellung des Betriebes Wirkung zu entfalten. Dies bedeutet, dass im Falle der Missachtung der getroffenen Maßnahme zu 1. Und 3. Satz 2 die Schließung des Betriebes seitens der Stadt Menden zwangsweise erfolgt.

Zu Zwangsgeld:

Das Zwangsgeld dient zur Durchsetzung der unvertretbaren Handlung, wonach die Einrichtungen dafür Sorge zu tragen haben, dass die angeordneten Auflagen umgesetzt werden.

Die Zwangsgeldandrohung entspricht dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit (§ 58 VwVG NRW), weil die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck steht.

Innerhalb des gegebenen Rahmens (mindestens 10,00 EUR und höchstens 100.00,00 EUR) ist die Höhe des Zwangsgeldes nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 58 VwVG NRW) zu bestimmen. Eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 5.000,00 EUR entspricht diesem Grundsatz, da es zum einen so hoch ist, dass die Betroffenen es voraussichtlich vorziehen werden, ihre Pflichten zu erfüllen, jedoch andererseits auch ihre finanzielle Leistungsfähigkeit berücksichtigt.

Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Verwaltungsgericht nach § 61 VwVG NRW auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ersatzzwangshaft anordnen. 

Hinweis:

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

Ein Verstoß gegen die Anordnung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG stellt gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG eine Straftat dar.

Rechtbehelfsbelehrung:

Gegen diese Allgemeinverfügung kann vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, binnen eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten Klage erhoben werden. 

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).


Menden, den 18.03.2020

Der Bürgermeister
 


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