Margot Friedländers Weg ist nun zu Ende

Nachruf des Netzwerks "augen auf! für menden"

Das Netzwerk "augen auf! für menden" hat sich mehrere Male auf den Weg gemacht, um mit Margot Friedländer in Berlin über ihr Leben und den Holocaust zu sprechen. Ihre Trauer um die Holocaust-Überlebende, die am 9. Mai 2025 gestorben ist, sowie ihre Bedeutung für das Engagement des Netzwerks bringen die engagierten Jugendlichen jetzt in einem Nachruf zum Ausdruck:

„Welche Worte könnte man wählen, die einem im Ansatz das Gefühl gäben, sie könnten es inhaltlich mit dem aufnehmen, was diese besondere Frau mit ihrer besonderen Geschichte für besondere Momente in unserem kleinen Menden geschaffen hat? Vielleicht gibt es diese Worte tatsächlich nicht. Vielleicht sind Worte auch kein geeignetes Instrument. Viel zu häufig erscheinen sie uns doch eher wie ein mattes Abbild dessen, wofür sie eigentlich gedacht sind, zur Beschreibung unserer Gefühle und Eindrücke. In Bezug auf unsere Besuche bei Margot Friedländer würde das vermutlich jede:r einzelne von uns immer genau so sagen, „Worte können das nicht angemessen beschreiben.“ Insgesamt vier Mal durfte das „augen auf! für menden“-Netzwerk mit Vertreter:innen aller weiterführenden Mendener Schulen nach Berlin reisen um dort Margot Friedländer ganz persönlich zu treffen. Jedes Mal gab sie ihren Teams vorher genaueste Instruktionen, wie wir empfangen werden sollten: Mit Schnittchen, Kaffee, Saft und Wasser. Es sollte uns an nichts fehlen, das war ihr stets wichtig. Bei unserem ersten Besuch hat sie uns sogar noch selbst aus ihrem Buch vorgelesen, wozu die anderen Jahre dann doch zunehmend die Kraft fehlte, weshalb wir gemeinsam mit ihr ihre Lesung als Film sahen. Jedes Mal erlebte man bei den Besuchen, wie ergriffen wir alle auf die schwersten Zeiten in Margots Leben reagierten – Ihre Geschichte traf uns mitten ins Herz. 

Aufmerksames Schweigen, Tränen der Anteilnahme und im Anschluss wirklich durchdachte, sehr bedächtig formulierte Fragen, die Margot Friedländer immer gerne beantwortete und bei denen man erleben durfte, wie sehr ihre Botschaften in ihr lebten, vielleicht sogar brannten. Sie mahnte uns stets, niemals das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: Seid Menschen! 
Menschen lieben, sie lachen, sie begegnen einander auf so vielen Ebenen und in diesen Begegnungen liegen so viele Chancen für Freundschaft, Verbindung, Vertrauen und Spaß. Auch diese Botschaft trug sie immer wieder an uns heran: das Leben zu lieben, zufrieden zu sein mit dem, was wir haben und sind, Frieden zu bewahren und zu leben. Aber sie ließ auch nie einen Zweifel daran, dass es in unserer Hand liegt, dass sich die Geschichte nicht wiederholen kann. Sie mahnte uns, wachsam zu sein, genau hinzuschauen und nicht zu übersehen, dass es damals so angefangen hat, wie es jetzt ist.

Nun ist ihr Weg mit 103 Jahren zu Ende gegangen, ihr ist Schlimmstes widerfahren, sie musste es überwinden, es zu ihrer Geschichte machen und hat dann entschieden, diese Geschichte mit uns und vielen abertausend Menschen zu teilen. 
Nun ist es an uns, diesen Weg weiterzugehen. 
Nun ist es an uns, die Zeitzeugen zu sein, die es bald nicht mehr gibt, wie sie nie müde wurde zu sagen. 
Nun ist es an uns, wachsam und mutig zu sein, uns immer wieder zu entscheiden, ihrem großartigen Vorbild zu folgen und daran zu erinnern, wie es damals war, dass nie wieder jetzt und für immer ist, und dem Gefühl der Sprachlosigkeit Taten folgen zu lassen. 
Nun ist es an uns, für immer die Z(w)eitzeugen zu sein, die wir dank ihres Mutes, ihres Engagements und ihrer Menschenliebe werden durften. 

Wir versprechen, wir werden Ihren Weg für Sie weitergehen, Margot Friedländer! 
Wir werden diese besonderen Besuche bei Ihnen niemals vergessen, wir werden Sie in unseren Herzen tragen und immer weiter alles dafür tun, dass sich der dunkelste Teil unserer Geschichte nicht wiederholen kann! 
Sie werden für immer unser Vorbild, unsere Inspiration und unsere Motivation sein!

Danke, Margot Friedländer“

Seid Menschen - Margot Friedländer
Foto: Stadt Menden/Ehrlich