Zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938

Der 9. November ist ein geschichtsträchtiger Tag. Aber das Jahr 1938 ist auf ewig in die Erinnerung unserer Nation eingebrannt: die November-Pogrome, in denen Synagogen in ganz Deutschland angegriffen und angezündet wurden. Dieser Tag wird von vielen auch als Beginn der Massenvernichtung der Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens betrachtet. Er endete in der Shoa mit mehr als 6 Millionen Ermordeten.

Heute, 82 Jahre nach diesem schändlichen Tag der deutschen Geschichte, müssen wir die Erinnerung wachhalten. Es bleibt das Gedenken an einen Zivilisationsbruch, der Menschen in der Mitte der damaligen Gesellschaft unsagbares Leid zugefügt hat. Dieses Leid hat sich über Generationen erhalten; viele Familien haben die Trauer bis heute nicht bewältigt.

Wenn wir also dieser Menschen, dieser Familien gedenken, so ist dies nicht nur ein Blick zurück in die Geschichte, sondern die Frage, wie wir heute und in Zukunft als Gesellschaft mit Rassismus, Ausgrenzung und Intoleranz umgehen. Artikel 3 unseres Grundgesetzes ist hier sehr deutlich: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Heute, 82 Jahre nach der Pogromnacht, ist es jedoch die traurige Wahrheit und Realität, dass in Deutschland jüdische Gotteshäuser und Einrichtungen polizeilich vor Angriffen und Antisemitismus geschützt werden müssen. Deshalb ist die Erinnerung an die Untaten des 9. November 1938 so wichtig, denn nur so halten wir unserer Gesellschaft und uns selbst den Spiegel vor. Wir leben in einer grundsätzlich gefestigten Demokratie - das ist gut! Aber wir müssen wachsam sein, dass die Gespenster der Ausgrenzung, der Intoleranz und des Rassismus‘ unsere Demokratie nicht vergiften. Wir müssen aufstehen und klar Stellung beziehen, wenn wir dem Alltagsrassismus, den es überall gibt, keine Chance geben möchten.

Ich bin dankbar, dass wir in Menden dem 9. November 1938 traditionell gedenken. Die Corona-Pandemie schränkt zwar den gemeinsamen Besuch an der Erinnerungsstätte an der Hochstraße ein, aber es gibt zahlreiche Menschen in unserer Stadt, die das Gedenken trotzdem gestalten und sicherstellen, dass wir diesen Tag auch im Jahr 2020 nicht vergessen. Besonders der Aktion „Augen auf! Für Menden!“ (https://www.augen-auf.online/) sei an dieser Stelle gedankt.

Lassen Sie uns an diesem Tag innehalten und gemeinsam die Opfer des Faschismus in Deutschland und in Menden betrauern. Aber auch gefestigt in unserer demokratischen Gesellschaft sagen: „Nie wieder!“

Ihr,

Roland Schröder